Motorradfahren hat einzigartige ja fast philosophische oder meditative Aspekte. Es ist das Gefühl von persönlicher Freiheit. Es ist meine Freiheit, es ist Teil von mir. Du bist Teil der Maschine und die Maschine ist ein Teil von dir, bist einerseits verletzlich und andererseits stark. Du erlebst die Umwelt auf ein ganz spezielle und einzigartige Weise. Du lernst Menschen oder Gegenden kennen, die du normalerweise wohl kaum treffen oder besuchen würdest. Motorradfahren ›keeps you open minded‹.
Ich würde es bei mir wohl frühkindliche Prägung nennen. In meiner Erinnerung saß ich im Fußraum des Berlin Rollers von meinem Vater und habe versucht, den Schalthebel und das Bremspedal zu bewegen. Der Schalthebel hat gewackelt, das Bremspedal nicht. Es gab wohl auch einen Kindersitz. Mit 14 dann der Mopedschein und eine Simson S 50. Ich hatte die Welt für mich. In meinem Zimmer hingen ein paar rare Poster von einem 4‐Zylinder Honda Digger und einer mit gefühlten 27 Millionen Zusatzleuchten illuminierten Harley E‐Glide. Träume.
Die erste Tour mit den Kumpels (und Freundinnen) war schon ein Abenteuer. Vollgepackte 50 Kubik sind nicht so schnell auf der Landstraße. Mancher LKW‐Fahrer hinter uns war da etwas kurzatmig. Also musste etwas Schnelleres her. Mit 16 waren dann 150 Kubik und ein paar PS mehr drin. Da gab’s keine drängelnden LKW’s mehr.
Neben den Mopeds waren mir aber auch Klamotten ziemlich wichtig. Irgendwann, so Mitte/ Ende der 80er bin ich dann oft genug vom Regen durchgeweicht worden. Gesagt getan. Habe die Nähmaschine gequält und aus einem neon‐grünen Bühnenhintergrund eine erste ‹Regenkombi› gezaubert. Dummerweise hatte ich die Nähte nicht weiter bedacht. Ziemlich undicht das Ganze. Einige Rollen Klebeband später ging’s dann etwas besser.
Noch später kam doch tatsächlich ein Studium auf mich zu, und ja, es hieß Bekleidungsgestaltung (Designer kann sich ja jeder nennen). Diese Ausbildung war hammerhart, aber ist tatsächlich bis heute die Basis meiner Arbeit. Nach dem Studium wollte ich zurück zum Film. Mitten in der Studienzeit gab’s dann aber eine Wende (also DIE Wende 1989). Das war ein schwieriger Neustart und alles auf Anfang. Kurze Zeit später bin ich dann doch tatsächlich in der Motorradbekleidung gelandet. Und das bis heute.
Die heutigen Touren gehen kilomentermäßig weiter, oder dauern länger, sind aber weit weg von Weltreise. Und es gibt sie noch immer, diese Momente. Heute hast du die Chance und hilfst Sammy Miller ein Moped auf den Montagetisch seiner Museumswerksatt zu heben, morgen ballerst du einfach nur die Autobahn runter und übermorgen bist du vielleicht auf einer Off‐Road Runde in Albanien. Es ist einfach so vielfältig. Wie heißt es doch in meinem Lieblingsfilm: Du erlebst in 5 Minuten auf dem Motorrad mehr als manche Menschen in ihrem ganzen Leben.
Wenn ich mich heute auf’s Motorrad setze, sind es die gleichen Gefühle und Empfindungen. Ich fühle mich immer noch wie 16. Ich kann einfach nicht genug davon bekommen, trete den Kickstarter meiner alten Harley und fußkupple mich in die Traumzeit.
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